Interview des Arbeitskreises Israel mit Karl-Heinz Geppert, ehemaliger Leiter des Arbeitskreises Israel

Es fällt auf, dass Jesus mir für Etappen meines Dienstes Personen an die Seite gestellt hat, die in diesem Moment und für die nächste Etappe wichtig waren.

Karl-Heinz Geppert

Wir, vom Arbeitskreis Israel, führen seit einigen Jahren Interviews mit Menschen, die etwas für Israel tun oder die aus Israel stammen und sich für ihr Land einsetzen. 2021 ging der Gründer und Leiter des Arbeitskreises Israel in den Ruhestand. Wir haben mit ihm auf eine bewegte Zeit zurückgeblickt.

Lieber Karl-Heinz, Pastor des Liebenzeller Gemeinschaftsverbandes, Gründer und Leiter des Arbeitskreises Israel (aki) – inzwischen im Ruhestand. Eine ganze Menge an bewegten Leben, erzählst du uns ein wenig von dir?

Gerne. Von Kind an hat mich die örtliche CVJM-Arbeit sehr geprägt. Zum Glauben an Jesus gab mir eine Sommerfreizeit den entscheidenden Impuls. Damals war ich 16 Jahre jung. Nach einer Industriekaufmannslehre erlebte ich eine ganz klare Führung in den vollzeitlichen Dienst. So kam ich 1975 nach Bad Liebenzell ins Theologische Seminar der Liebenzeller Mission. Danach heirateten wir. Ursula hat lange auf mich gewartet, denn damals war eine Beziehung während des Studiums nicht erwünscht. Unsere erste Station war Wiesloch und danach VS-Schwenningen.

Ein sehr entscheidender Einschnitt war die Entscheidung, ein Studienjahr in Israel zu verbringen. Dafür hatten Ursula und ich eine starke innere Gewissheit, dass das jetzt dran ist. Ohne Ahnung, was daraus werden wird, packten wir unsere Koffer. Wir, das waren mittlerweile unsere drei Kinder Daniel, Tabea und Rebecca und wir beide. Danach ging es zurück nach Deutschland und wir übernahmen die Gemeindearbeit in Weinheim. Parallel dazu kam es zur Gründung der Süddeutschen Israelkonferenz in Bad Liebenzell und danach zur Gründung des aki-Arbeitskreis Israel im Liebenzeller Gemeinschaftsverband e.V., den ich über 20 Jahre bis zur Rente leitete.

Du warst zu einem Studienjahr in Israel, zu einer Zeit, die nicht gerade friedlich war. Mit samt der Familie in einem hochexplosiven Umfeld. Wie war euer Alltag?

Wir lebten die erste Zeit in den Palästinensergebieten in Beit Jala nahe bei Bethlehem. Es war die Zeit der 2. Intifada, dem Aufstand der Palästinenser gegen Israel. Es war für uns wie eine höhere Schule, unter dem palästinensischen Volk zu leben, denn dabei wurde unsere Liebe zu dem Volk Gottes auf den Prüfstand gestellt.

Der Alltag war sehr kompliziert: Wir wohnten nicht dort, wo wir studierten und arbeiteten. Wir lebten im einem arabisch-sprachigen Umfeld, wollten aber Hebräisch lernen. Wir wollten die Wurzeln unseres Glaubens kennenlernen, lebten aber in einem mehrheitlich moslemischen Umfeld. Wir mussten lernen, dass Probleme nicht unbedingt dazu da sind, dass man sie löst, sondern dass man lernt, mit ihnen zu leben.

Das Schmerzlichste war, dass wir erkennen mussten, dass die beiden Welten, die palästinensische und israelische, nicht zusammen zu bringen waren. Unser Harmoniebedürfnis erlitt einen Schiffbruch, denn die uralten Probleme im Land lassen sich nicht von heute auf morgen verändern.

Zurück aus Israel war der Weg in den Gemeindedienst eigentlich wieder vorprogrammiert. Und doch kam es anders. Anstatt Gemeinde wurde der Arbeitskreis Israel deine Aufgabe. Warum diese Entscheidung?

Wir gründeten den aki parallel zur Gemeindearbeit. Mit den Jahren erkannte ich, dass beides, wenn die Arbeit wachsen soll, nicht geht. Anstatt in eine andere Gemeinde versetzt zu werden, wagten wir den Schritt in die vollzeitliche Anstellung als Leiter im aki. Ich bin der Leitung des Liebenzeller Gemeinschaftsverbandes (LGV) sehr dankbar, dass sie diesen Weg ermöglichten und wollten.

Wie begann diese Arbeit?

Meine Frau und ich schrieben miteinander das Buch „Israel überlebt – Eine Familie im Spannungsfeld Nahost“. Dadurch erlangten wir einen gewissen Bekanntheitsgrad und ich wurde zu Vorträgen in Gemeinden eingeladen. Die Leitung des LGV beobachtete diese Entwicklung und fragte uns schließlich, ob es notwendig wäre, einen Arbeitskreis Israel als Stimme für Israel im Verband zu sein. Wir sagten nicht Nein.

Was ist der Unterschied zwischen dem aki und anderen Israelwerken in Deutschland?

  1. Wir sind kein selbständiges Werk, sondern im LGV beheimatet.
  2. Unser Schwerpunkt liegt auf der personellen und finanziellen Unterstützung messianischer Gemeindearbeit in Israel.
    Dies tun wir in Zusammenarbeit mit King of Kings Ministries Jerusalem mit dem Ziel, dass das Volk Israel seinen Messias Jeshua erkennen möge.
  3. Im Rahmen der aki-ACADEMY bieten wir „4 Wege des Lernens“ an (siehe unten)

Ein Teil der Arbeit ist die Unterstützung von Projekten in Israel:
King of Kings, Gemeinschaft der Versöhnung – um nur zwei zu nennen in all der Zeit. Wie baut sich eine solche Arbeit auf?

Es geht eigentlich alles über Beziehungen. Natürlich hat sich in den mehr als 25 Jahren vieles verändert. In Israel ist alles im Fluss. Die Grundfrage aber ist immer die gleiche: Haben wir als aki das Potential, den Bedürfnissen in Israel Rechnung zu tragen. Eine ganz andere Frage ist die, was unser Auftrag ist. Wir können als relativ kleines Werk nicht allen und überall helfen. Jedes Projekt oder Gemeinde, das wir unterstützen, braucht im aki einen Ansprechpartner und Verantwortlichen. Sobald wir das haben, kann es losgehen.

Werben für Israel in Deutschland, durch Gemeindeeinsätze, Vorträge, Predigtdienst, Israelkonferenzen, Reiseangebote nach Israel. Wie erreicht man Menschen in Deutschland für Israel?

Unsere erste Zielgruppe ist zunächst der LGV-Verband. Dieser ist engstens verbunden mit der Liebenzeller Mission und mit ihr verbundenen Verbänden für Jugend- und Gemeinschaftsarbeit. Darüber hinaus sind wir in den verschiedenen Gemeinden und Kreisen unterwegs. Kontakte und Einladungen entstehen hauptsächlich durch Israelreisen und Seminare. Der persönliche Kontakt ist (auch bei uns) die beste Art der Multiplikation unseres Anliegens.

Seminare über Israel – biblische und politische Themen, Versöhnungsarbeit von Christen und Juden erlebt man z.B. beim Seminar „Mit dem Rabbi Bibel lesen“. Aus einem Geheimtipp mit ein paar Teilnehmern wurde im Laufe der Zeit ein Seminar, das bis zu 80 Teilnehmer hat. Was macht dieses Seminar so faszinierend, dass es solchen Zulauf hat?

Natürlich ist das mit der Person des Referenten begründet. Er ist brillanter Konzertpianist und Komponist, Lehrer und Seelsorger – Alyosha Ryabinov. Er füllt ein großes Vakuum in der Gemeinde Jesu: Miteinander die Bibel in den großen Zusammenhängen lesen und dabei im Detail der hebräischen Sprache und Denkens eine gewisse Faszination des Wortes Gottes erleben.

Mit der King of King Gemeinde in Jerusalem ist in den vergangen Jahren eine enge Partnerschaft einstanden. Wie kam es dazu? Was verbindet den aki mit King of Kings?

Während unseres Aufenthaltes 1993 / 1994 besuchten wir die Gottesdienste der King of Kings Gemeinde in Jerusalem. Unsere Kinder besuchten den Kindergottesdienst.

Eine Verbindung und Zusammenarbeit entstand erst nach ca. 20 Jahren durch die Aussendung von Daniel und Jalene Geppert in die Arbeit von King of Kings in Jerusalem. Ihre Arbeit begann unter Kindern und Jugendlichen. Die beiden leiteten den Kindergottesdienst, den Daniel als Kind mit seinen Schwestern besuchte. Welche eine Führung Gottes! Heute stehen die beiden in der Gemeindegründungs- und Aufbauarbeit von King of Kings in Herzliya. Daniel gehört mittlerweile zum Leitungsteam von King of Kings Ministries.

Ein Projekt, das dem aki sehr am Herzen liegt, ist die  „aki-ACADEMY“. Was können wir uns darunter vorstellen?

Sie ist das Bildungsangebot des aki. Die „Vier Wege des Lernens“ vermitteln facettenreich, dass Gemeinde und Israel zusammengehören. Die vier Wege sind:

  1. Der Weg des persönlichen Lernens:
    Der erste Weg ist ein 2-Jahresprogramm, in dem acht Bücher an der Seite eines Buchbegleiters gelesen werden und jeweils mit einem Abschlusspaper beendet werden. Anschließend ist eine Israelreise mit anderen Studenten möglich.
  2. Der Weg des Lernens in der Gemeinde:
    Egal ob Vorträge, Predigten oder Seminare – wir sind bestens vernetzt und finden die passenden Referenten zu aktuellen Themen, biblischen Vorträgen und für interaktive Angebote
  3. Der Weg des Lernens in Seminaren:
    Über das Jahr verteilt bieten wir eine Reihe von interessanten Themen, sowie einen vierteiligen Hebräisch-Grundkurs an. Die mehrtägigen Seminare finden überwiegend im Monbachtal, Bad Liebenzell, statt.
  4. Der Weg des Lernens in Israel:
    Das geschieht durch unsere Israelreisen, bei denen wir besonderen Wert auf Kontakte zu Gemeinden legen.

In all den Jahren des Dienstes für den aki hattest du deine Familie an deiner Seite. Wie wichtig ist Familie für einen solchen Dienst?

Wir haben als Familie den Schritt Richtung Israel gewagt. Unsere Kinder hat diese Zeit mehr geprägt als wir dachten. Vor allem bei Studienreisen, die Ursula und ich leiten, merke ich, wie gut wir uns ergänzen. Es ist unbezahlbar und nur dem Wirken unseres Herrn zuzuschreiben, wenn Ehepaare sich hundertprozentig einig sind in dem, was sie tun. Das ist eine gewaltige Multiplikation des Segens. Dass Kinder in den Fußstapfen ihrer Eltern weitergehen, kann man sich selbst nicht zuschreiben, sondern ist ein wundervolles Geschenk. So verschmilzt Privates und Dienstliches zu einer Einheit.

Im Juni 2021 wurdest du in den Ruhestand verabschiedet, damit begann auch ein neuer Lebensabschnitt. Mit welchen Gefühlen verabschiedet man sich von seinem Lebenswerk?

Rentenstand bitte! … Mit guten Gefühlen. Ich wage zu behaupten, dass es mir gelungen ist, loszulassen. Man darf da gerne meine Familie und Holger Totzeck, meinen Nachfolger fragen. Ich habe keine Leitungsfunktionen im aki. Allerdings konnte ich es nicht lassen, mit meiner Tochter Rebecca den aki Region Mittelhessen zu gründen.

Rückblick: Steckt irgendwo ein ganz besonderes Stück Herzblut drin? Gibt es irgendeine Begegnung, die dir ganz viel bedeutet?

Das mit dem Herzblutist ist wirklich schwierig zu beantworten. Wer mich kennt, der wird bestätigen, dass ich gar nicht anders im Reich Gottes arbeiten kann, als mit Herzblut und voller Hingabe.

Wichtige Personen in meinem (Dienst)leben gibt es natürlich. Es fällt mir dabei auf, dass Jesus mir für die Etappen meines Dienstes, Personen an die Seite gestellt hat, die in diesem Moment und für die nächste Etappe wichtig waren. Dazu gehören

  • Hein Wubs – mit ihm zusammen entwickelten wir einen Weg der Missionarischen Gemeindearbeit in der Gemeinschaftsarbeit des LGV.
  • Friedhelm Geiß – als Inspektor des LGV stand er an der Wiege des aki und förderte diesen, wo und wie er nur konnte.
  • Chuck Cohen, Alyosha Ryabinov, Chad Holland u.a. – mit ihnen erlebte und erlebe ich das Wunder des EINSEINS durch Jesus nach Epheser 2. Ein Vorrecht! Vielen Dank.
  • Johnny Shahwan, Marcel Rebiai, die mir den Zutritt in die andere Seite in Israel ermöglichten. Den Zugang zu Brüdern und Schwestern auf der arabischen Seite.

Die Nachfolge von dir hat Holger Totzeck übernommen. Was gibst du ihm mit auf seinen Weg?

Gelassenheit – ich bin in die Arbeit mit den Jahren hineingewachsen und der aki hat sich entwickelt. Er ist hineingestellt und übernimmt die Arbeit. Die zweite Generation von Leitern hat es schwerer als die Gründergeneration.

Vertrauen – dass Jesus ihm und den anderen in der Leitung, zeigt, was für heute und morgen dran ist, um zur Ehre Gottes seinem Volk zu dienen.

Ein festes Herz – denn die Zeiten sind dramatischer geworden und das Verständnis für Israel in Kirche, Gemeinde und Gesellschaft geht in Richtung Null. Deshalb wünsche ich Holger Standfestigkeit und Gewissheit seiner Berufung, Israel ein Segen zu sein.

Ausblick: Wenn du auf den Ruhestand blickst, was ist dir jetzt wichtig und welche Pläne hast du?

Zunächst genieße ich den Rentenstand (!). Da wir durch den Umzug nach Mittelhessen in den Raum Gießen / Marburg gezogen sind, ist es für uns ein Neuanfang auf vielen Ebenen. Das gefällt uns und wir sind fleißig dabei, Kontakte zu knüpfen, uns in die Gemeinde einzuleben und einzubringen.

Ich wünsche mir, dass wir mit unserem Anliegen des aki auch dort Fuß fassen können und Zugang zu Gemeinden bekommen.

Meine Vision: Ich möchte zu ursprünglichem, natürlichen und ganzheitlichen Gemeindebau beitragen. Dazu habe ich das Gemeindemodell „HAUS“ entwickelt. Weil Gemeinde und Israel zusammengehören!

Lieber Karl-Heinz, danke, dass du dir Zeit genommen hast, dass du zurückgeblickt hast und uns mitgenommen hast in eine Arbeit für Israel und in Israel. 

Für den Arbeitskreis Israel Juni 2024 / R.K.